Ein Arzt muss nicht unbedingt kontrollbesessen sein, wenn er sich dafür interessiert, was in seinem Vorzimmer vorgeht. Wir haben bei unseren Patientenumfragen schon häufig Diskrepanzen zwischen der Einschätzung der Mitarbeiterleistungen durch Arzt und Patient erlebt.
Die Bandbreite der negativen Patientenurteile reicht von „überfordert und gereizt“ bis „Kommandoton, der keinen Widerspruch erlaubt“. Das krasseste Beispiel lieferte eine Ordination, die von einem jungen Arzt samt Personal übernommen wurde. Nach mehreren Monaten musste der Arbeitgeber entdecken, dass die sehr erfahrene Sprechstundenhilfe viele Patienten gleich selbst abfertigte und gar nicht zu ihm durchließ. Sie sprach dem „Jungspund“ die nötige Erfahrung ab. Aber selbst dieser Extremfall blieb vom Arzt lange Zeit unbemerkt.
Ordinationschefs neigen dazu, sich nicht um die Abläufe in ihrem Vorzimmer zu kümmern. Ich rate immer dazu, bei Patientengesprächen ein kurzes Feedback über Ordination und ihre Mitarbeiter einzuholen.
Patienten freuen sich, wenn man sich für ihre Meinung interessiert. Dass dies nicht zu plump und direkt erfolgen darf, versteht sich von selbst. Aber die Fragen, „ob man lange habe warten müssen“ und ob „das jüngste Rezept rasch ausgefolgt worden sei“ bringen das Gespräch in die richtige Richtung.
Noch ergiebiger ist dabei freilich eine schriftliche Patientenbefragung.
Ein offenes Ohr wird niemals schaden. Patienten wie Mitarbeiter danken dies sehr rasch. Der Arzt muss dafür aber auch etwas tun. Einmal in der Woche eine fixe Besprechung bei Kaffee und Kuchen mit den Mitarbeitern fördert den notwendigen Informationsfluss. Wer nicht die Gespräche sucht, wird immer als letzter erfahren, was in seiner Ordination läuft.
Gender-Hinweis: Im Sinne einer besseren Lesbarkeit der Texte wurde die männliche Form von personenbezogenen Hauptwörtern gewählt. Dies impliziert keinesfalls eine Benachteiligung eines jeweils anderen Geschlechtes. Vielen Dank für Ihr Verständnis.
Quelle: (MEDplan-)Kolumne von Frau Mag. Iris Kraft-Kinz, erschienen im „Medical Tribune“