Kapitäne müssen auch bei schwerem Seegang auf der Brücke stehen. Und dabei sollten sie die richtigen Entscheidungen treffen. Auch Ordinationschefs müssen sich als krisenfest erweisen. Dabei ist nicht von den normalen Stresssituationen mit vollem Wartezimmer und läutenden Telefonen die Rede.
Eine Krise ist handfester: In einer Ordination kann es krisenhaft zugehen, wenn die Arzthelferin überraschend kündigt, eine ungeahnte Steuernachzahlung droht oder ein Rechtsanwaltsbrief von einem „Kunstfehler“ spricht. Es zeigt sich immer wieder, dass in diesen Situationen der ganze Chef gefordert ist.
Echtes Krisenmanagement bedeutet, es gar nicht so weit kommen zu lassen. Grundsätzlich hat Früherkennung viel mit Unternehmenskultur und sozialer Kompetenz zu tun. Der Chef muss nach innen die Sorgen und Bedürfnisse der Belegschaft wahrnehmen und nach außen die Fähigkeit beweisen, den Anliegen und Wünschen der Patienten zuzuhören. Sonst sind Imageverlust, Reputationskrise und Umsatzeinbrüche vorgezeichnet.
Erfolgreiches Krisenmanagement bedeutet, aktiv Entscheidungen zu treffen und ständig nach außen zu tragen, was warum getan wird. Die Kommunikation in Krisen beeinflusst die Wahrnehmung der Situation durch Patienten, Mitarbeiter und Familienangehörige. Reden ist in diesem Falle Gold.
Auch der Arzt braucht seine Krisen-PR. Im Sturm beweisen sich die Führungsqualitäten des Chefs. Dabei geht es um ein positives Selbstverständnis und Fähigkeiten wie Entscheidungskraft und Ruhe in Turbulenzen.
Krisenverschärfend ist die Selbstüberschätzung: Was mit dem Versagen des Frühwarnsystems begonnen hat, setzt sich nach Ausbruch der Krise fort. Ursachen werden nicht erkannt oder nicht angepackt, weil sie weggeschoben werden – selbst und gerade, wenn es an der eigenen Person liegt.
Das Verschließen der Augen verhindert, dass Krisen, Misserfolge oder Fehler als wichtige Informationen genutzt werden, die zu einer Verbesserung von Ordinationsklima und Patientenzufriedenheit führen können. Nur wer Lehren zieht, entwickelt sich weiter.
Gender-Hinweis: Im Sinne einer besseren Lesbarkeit der Texte wurde die männliche Form von personenbezogenen Hauptwörtern gewählt. Dies impliziert keinesfalls eine Benachteiligung eines jeweils anderen Geschlechtes. Vielen Dank für Ihr Verständnis.
Quelle: (MEDplan-)Kolumne von Frau Mag. Iris Kraft-Kinz, erschienen im „Medical Tribune“