So manche Statistik-Propheten sagen in Pandemiezeiten ja präzise die Trends der vorletzten Woche vorher („da sehen wir ein exponentielles Wachstum, von Mittwoch 12.32h bis Freitag 21.12h“). Würden wir in gleicher Weise Schlüsse ziehen, wäre über die bisherigen Monate des Jahres 2020 eindeutig festzuhalten: Ärzte arbeiten im Lock-down signifikant schlampiger.
Exponentielles Wachstum
Woran man das festmachen könnte? In den Lockdown-Phasen stieg die Anzahl der von uns bearbeiteten Fälle, in denen Patienten Forderungen gegen die von uns betreuten Klienten erhoben haben, massivst an. Geradezu exponentiell, wie man dieser Tage wohl sagt.
Ein solcher forderungs-gebeutelter Arzt-Klient erhielt zuletzt gar vier neue Patientenforderungen in ebenso vielen Wochen. Die Vorwürfe reichten von fehlender bis Falsch-Aufklärung und Überbehandlung. Seine Anrufe klangen mehr und mehr entschuldigend („ich weiß auch nicht was da los ist, vorher war 20 Jahre lang nichts…“). Und er war beileibe nicht der einzige.
Die eigentliche Ursache
Aber es liegt offensichtlich nicht an einer veränderten Arbeitsweise dieses Arztes im Lock-down: Denn die Behandlungen liegen Monate und teilweise bereits Jahre zurück. Einzelne Fälle standen schon kurz vor der Verjährung. Wenn man selbstverständlich aber nichts über eine „schlampigere“ Arbeitsweise im Lock-down berichten könnte, woran mag dieser Anstieg von Patientenforderungen dann liegen?
Mehrere Erklärungen erscheinen denkbar. Sei es, dass im Lock-down solche Patienten, die sich schon länger mit einer Inanspruchnahme Ihres Arzts beschäftigt haben, jetzt die Zeit dafür gefunden haben, die Unterlagen für den Rechtsanwalt aufzubereiten. Sei es, dass die wirtschaftliche Sorge manche Menschen dazu antreibt, in der Privatmedizin – also dort, wo der Patient direkt die (oder einen Teil der) Behandlungskosten bezahlt – nach Wegen zu suchen, ein Honorar nicht zu bezahlen bzw. ein bereits bezahltes Honorar wieder zurückzufordern.
Ein neuer Trend?
Die eigentliche Ursache wird sich vielleicht nie klar bestimmen lassen, und es können auch ganz unterschiedliche Gründe in dieser Pandemiesituation einfach zeitlich zusammenfallen. Ob die signifikant angestiegen „Fallzahl“ der Haftungsfälle mit dem Abflauen des Infektionsgeschehens auch wieder sinkt, wird sich ebenfalls erst weisen. Womöglich sehen wir auch einfach einen neuen Trend, dass wir uns im Ärztebereich mit einer Häufigkeit von Inanspruchnahmen abfinden werden müssen, die jener in anderen Branchen vergleichbarer ist. Bislang war die Ärzteschaft ja doch immer signifikant besser gestellt, was vor allem auch der häufig schnellen und kostengünstigen Lösung über die Schlichtungsstellen geschuldet war. Und hier haben wir zuletzt beobachtet, dass mehrere Fälle sofort nach dem Forderungsschreiben zu Gericht gegangen sind. Auch hier wird die weitere Entwicklung jedenfalls zu beobachten sein.
Versicherungsschutz ändert sich nicht von selbst
Die Spezial-Berater und -Mitarbeiter in den ARGE MED-Kanzleien bearbeiten daher während der Pandemie nicht nur umfangreich die Versicherungsfälle aus der naheliegenden „BUfT“, also Unterbrechungsfälle wegen Quarantänen oder tatsächlicher eigener Erkrankung. Auch die Bearbeitung solcher Schadenersatzforderungen gegen Ärzte mit der jeweiligen Haftpflichtversicherung hat uns zuletzt erheblich beschäftigt. Und dort, wo Honorar nicht bezahlt oder rückgefordert wird, arbeiten wir parallel, und zusammen mit den Anwälten, mit den hier zuständigen Rechtsschutzversicherern.
Die gute Nachricht aus unserer Praxis mit etlichen Versicherungsfällen: Die Versicherungen funktionieren, auch im Lock-down. Im Schadenfall zeigt sich aber bekanntlich auch die Wahrheit. Wenn die beruflichen Absicherungen am neuesten und besten Stand sind, beruhigt das gerade in einer solchen Situation doch erheblich, egal ob man akut betroffen ist oder nicht. Wo Absicherungsentscheidungen immer wieder aufgeschoben wurden, zeigen sich jetzt eben die Mängel.
„Trick“
Auch wenn die Auseinandersetzung mit Patienten mitunter stressig und unangenehm sein kann, sei daher gesagt: Dafür sind Sie versichert! Ruhe und guter Schlaf unterstützen ja auch das Immunsystem. Vor allem, wenn Sie einen spezialisierten und unabhängigen Makler an Ihrer Seite haben, empfehlen wir daher, Ruhe zu bewahren und die Fälle einfach mit dessen Rat und Unterstützung ihren Lauf nehmen zu lassen.
Und wenn Sie den Eindruck haben, Ihr Schutz ist im Bereich Haftpflicht und Rechtsschutz veraltet und noch nicht „krisen-fit“, sprechen Sie für eine Anpassung an die neuen Realitäten einfach mit einem Berater. Die Forderungen durch Patienten sind nicht wirklich pandemisch – aber die Trendkurve zeigt eindeutig nach oben.